Scheiden, bevor das Gedächtnis es tut.
(© M.B. Hermann)
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... die schönsten Tage sendet,
die Süsse der noch wärmenden Sonne beflügelt,
die Milde und das Weiche in die Augen zieht,
die sehnsüchtigen Abende verwirren,
und Wehmut sich ins Herz schleicht,
dann kommt die Zeit des Scheidens.
Es muss doch alles fallen und verwelken,
eingehen, zurückkehren zum Eigentlichen,
um aus dieser Kraft zu schöpfen,
um aus der Anerkennung des Lebens
neue Bausteine zu formen.
Denn nichts ist doch wirklich vergehen,
kein spurloses Verschwinden.
Zeigt uns nicht jeder Frühling,
dass der Tod kein Aufhören allen Seins ist?
(© Monika Minder, 19. Sept. 2013)
Wie der Schneemann, der beleidigt vor der Frühlingstüre steht, so die Bäume, die langsam nackt werden, weil der Winter die Tore öffnet. Weil nichts bleiben kann. Kein Sommer, kein Winter, keine Blume, kein Blatt, keine Jugend, kein Alter...
Und festhalten geht nicht, weil alles fliessen muss (Heraklit), weil sich alles wandeln muss, alles reifen muss.
"Alles fliesst und nichts bleibt; Es gibt nur ein ewiges Werden und Wandeln."
(Platon)
Und so fliessen wir im Strom der Zeit, im Strom der Welt und tragen es doch immer in uns, dieses Ewige, das den Augenblick berührt.
(© Text Monika Minder, 9. Febr. 2017)
Wie, wenn dir eines Tages oder Nachts, ein Dämon in deine einsamste Einsamkeit nachschliche und dir sagte: 'Dieses Leben, wie du es jetzt lebst und gelebt hast, wirst du noch einmal und noch unzählige Male leben müssen; und es wird nichts Neues daran sein, sondern jeder Schmerz und jede Lust und jeder Gedanke und Seufzer und alles unsäglich Kleine und Grosse deines Lebens muss dir wiederkommen, und Alles in der selben Reihe und Folge – und ebenso diese Spinne und dieses Mondlicht zwischen den Bäumen, und ebenso dieser Augenblick und ich selber. Die ewige Sanduhr des Daseins wird immer wieder umgedreht – und du mit ihr, Stäubchen vom Staube!' – Würdest du dich nicht niederwerfen und mit den Zähnen knirschen und den Dämon verfluchen, der so redete? Oder hast du einmal einen ungeheuren Augenblick erlebt, wo du ihm antworten würdest: 'du bist ein Gott und nie hörte ich Göttlicheres!' Wenn jener Gedanke über dich Gewalt bekäme, er würde dich, wie du bist, verwandeln und vielleicht zermalmen; die Frage bei Allem und Jedem 'willst du dies noch einmal und noch unzählige Male?' würde als das grösste Schwergewicht auf deinem Handeln liegen! Oder wie müsstest du dir selber und dem Leben gut werden, um nach Nichts mehr zu verlangen, als nach dieser letzten ewigen Bestätigung und Besiegelung?
(Friedrich Nietzsche, 1833-1900, deutscher Schriftsteller)
Doch alle Lust will Ewigkeit -,
– will tiefe, tiefe Ewigkeit.
(Friedrich Nietzsche, 1833-1900)
Was schwebst du duftend milde,
In Blüten vor mir hin,
Du holdes Lichtgebilde,
So klar dem innern Sinn?
"Ich schwebe durch Gefilde,
Durch Düfte vor dir hin,
In Sternen mein Gebilde,
Zum Himmel nur mein Sinn."
Was strahlst du, süsses Wesen,
Verklärst die Thränen mein,
Bin einsam sonst gewesen,
Soll ich mit dir nun sein?
"Bist einsam nie gewesen,
In Wolken nur mein Schein,
Jetzt strahlt dir hell mein Wesen,
Weil deine Tränen rein!"
Und willst du nimmer scheiden?
Und scheucht dich nicht die Welt?
Und bleibst in Lieb' und Leiden
Mir ewig zugesellt?
Was Eins ist, kann nicht scheiden,
In Stürmen fester hält,
Blick' auf, in Lieb' und Leiden,
Entblüht die Sternenwelt!
(Helmina von Chézy, 1783-1856, deutsche Journalistin, Dichterin)
Die Seite des Philosophenkönigs Dr. phil. Martin Arnold Gallee.
Das Jahr loslassen, Abschied nehmen, Gedanken zum 31. Dezember.